4/12/23 – Tag 47 und 48 – Vom Stillstand der Zeit, der mühsamem Suche nach dem Schwung und dem Haar, wo es nicht hingehört

Ich

Krank zu sein ist ja wirklich so unnötig wie ein Kropf. Man fühlt sich zu nichts imstande, was mehr Aktionismus fordert, als Teekochen und die Fernbedienung fernzubedienen. Ich habe eine Woche lang mehr oder weniger auf der Couch verbracht. Es gab wirklich nichts zu erzählen, außer Euch hätte der statistische Taschentuchverbrauch interessiert. Fand das aber eher so mittelunterhaltsam. Mittlerweile ist das komplette Haus coronadurchseucht, wir Mädels sind immerhin wieder negativ. Aber so richtig den alten Schwung habe ich noch nicht wieder gefunden. Zwar strukturiert der Stundenplan der Kurzen den Tag (ratet mal, bei wem morgen die erste Stunde ausfällt!), aber ich gehe alles noch wie mit angezogener Handbremse an.

Und wer auch immer einmal das Gerücht der besinnlichen Vorweihnachtszeit in die Welt gesetzt hat, hatte entweder keine Familie oder keinen Job oder kein Leben. Besinnlich finde ich im Moment nämlich noch gar nichts, meine To-Do-Listen werden länger statt kürzer („ach, Du hast doch grad so viel Zeit? JA! NEIN! OOOHH!“) und alles, was ich erledigen wollte, „wenn mal Dezember ist“, ist ungefähr jetzt fällig, weil bereits Dezember ist. (Wie ich im August noch dachte, ich könnte ja gleich mal Weihnachtsgeschenke organisieren und es dann nicht getan habe, weil reicht ja noch im Dezember…) Da hat die Woche Krankenstand irgendwie nicht geholfen.

Ähnliches werden sich auch die Lehrer meiner Tochter gedacht haben, denn wir lernen neben dem Zauber der attributen Adjektive auch die Bestandteile einer Kerzenflamme, Energieflussdiagramme und Englischvokabeln auswendig. AUSWENDIG, um das meiste davon nach getaner (Klassen-)Arbeit wieder zu vergessen. Apropos Kerze: Vor lauter Unbesinnlichkeit haben wir völlig vergessen, am Sonntag die erste Kerze anzuzünden auf unserem spartanischen schwarzen Adventsstern mit den vier cleanen weißen Kerzen. Die ich mit viel Kraft in die vorgesehenen Löcher drücken musste um sie standfest zu bekommen, so dass ihr unteres Ende jetzt aussieht, als hätte eine Maus sie in Form genagt.

Und sonst so? Der Winter hat uns bis über die Ohren mit Schnee eingedeckt, die Landschaft ist in ein dickes, weißes Kleid gehüllt. Optisch ein Traum, mein Lieblingsschrittesammelweg ist allerdings eine ziemliche Eispiste geworden. Heute morgen habe ich beim vorsichtigen Auswildern eine ziemliche Rutschpartie hingelegt. Aber die Stunde an der frischen Luft war gut und wichtig. Meine Boxstunde habe ich schweren Herzens auf kommende Woche verschoben, weil ich noch immer huste und mich nicht hundertprozentig fit fühle. Aber kommt Zeit, kommt Boxhandschuh. Und Besinnlichkeit. Ganz bestimmt.

Die Kurznachrichten des Tages:

Gegessen: Ein griechisches Joghurt mit Banane und Müsli, Spaghetti mit Tomatensoße für mich, mit Bolo für den Rest, zwei Brote mit Paprikaaufstrich und Käse und zwei kleine mit Butter und Honig. Weil endlich wieder guten Hunger, ich habe ruckzuck ein Kilo verloren in der Coronawoche.

Gelesen: Dinge aus dem Schulordner meiner Tochter. Über Biomasse, fossile Energien, Energieflüsse, Kerzenflammen und und und. Ansonsten nicht viel Sinnvolles.

Gesportelt: knapp vier Kilometer Schritte gesammelt, das ist besser als nix.

Gefreut über: Strolch. Das ist die dicke Katze der Klavierlehrerin meiner Tochter, die mich, die ich Katzen sehr skeptisch gegenüberstehe, ein bisschen kuriert hat. Jedesmal, wenn ich im Klavierzimmer sitze und aufs Kind warte, hüpft der getigerte Kater auf meinen Schoß und schaltet seinen Brummton ein. Dass er mir heute ein ultrafeines Katzenhaar hinterlassen hat, das seinen Weg unter meine linke Kontaktlinse gefunden hatte – verziehen. Ich sah nach 10 Minuten Heimfahrt aus wie ein einäugiges Albinokaninchen, aber gut gespült ist halb gewonnen.

2/12/23 – Tag45 &46 – Von der Rekonvaleszenz und dem Einigeln

Ich

Es gibt hier krankheitsbedingt leider nix Neues, außer, dass ich wieder negativ bin aber noch in den Seilen hänge. Rekonvaleszenz. Heute war ich zumindest eine Runde im Schnee spazieren und habe frische Luft geschnappt. Auch der Appetit war heute zum ersten Mal wieder halbwegs normal. Also macht euch keine Sorgen, wenn’s hier grad still ist – es gibt grad einfach nix zu erzählen… heute ist nicht alle Tage, …

Die Kurznachrichten des Tages:

Gegessen: Joghurt mit Knusperzeug, Knödel, Soße, Kartoffelbrei, heute Abend Hering aus der Dose (hatte ich ewig nicht) mit Brot.

Gelesen: nichts Relevantes

Gesportelt: neeeeeiiin…

Gefreut über: Raus zu können

30/11/23 – Tag 44 – Von positivem Negativem und der kleinen Blase

Ich

Gebannt starrte das Tochterkind auf den Coronatest, in dessen Sichtfeld sich die rosa Flüssigkeit langsam emporzog. Statt des eindeutigen Coronanachweis-Strichs tauchte zuerst der Referenzstreifen auf. „Wir müssen abwarten“, sagte sie entschieden, offenbar der Meinung, stetes Starren könnte den zweiten Streifen aufs Papier zaubern. Aber alles Starren, Drehen, Wenden und gegen-das-Licht-halten half nix: Der zweite Strich blieb aus, das Kind ist wieder seuchenfrei. Und somit morgen wieder Unterrichtsteilnehmer. So wenig sie Corona mag, so wenig sie Kranksein überhaupt toll findet – was ist eine verstopfte Nase und ein bisschen Nupfn schon gegen MATHEMATIK, die, in ihren Augen, die schlimmste Seuche überhaupt.

Nun ja, Eltern und die ganze Welt können ungerecht und doof sein, es hilft aber alles nix, morgen klingelt der Wecker wieder kurz nach sechs. Meiner im Übrigen auch, auch wenn das frühe Aufstehen meine ganz persönliche Pest ist, aber ich habe auch keine Wahl. Mein Test war heute morgen stramm positiv, ich teste morgen wieder. Für jeden negativen Test scheint im Haus im übrigen ein anderer krank zu werden – jetzt ist der Schwiegerpaps Team Doppelstrich, zum Glück symptomfrei.

Meine Blase ist in dieser Woche noch ein ganzes Stück weiter geschrumpft. (Also, nicht DIE Blase, die ist zum Glück noch ganz fit.) Aber während meiner Auszeit lebe ich ohnehin ein wenig in meiner eigenen Welt, flachliegend auf dem Sofa ist mein Radius noch ein gehöriges Stück kleiner geworden. Ich habe es diese Woche immerhin die Straße rauf und runter geschafft und mit dem Auto in den Nachbarort, um Hausaufgaben abzuholen. Fühlte sich fast wie ein Roadtrip an. Wenn ich morgen wieder fit bin, werde ich einkaufen gehen, so richtig im Supermarkt mit bunten Dingen und anderen Menschen. Ha. (Vielleicht übertreibe ich ein wenig, aber es fühlt sich derzeit an, als lebte ich unter einem Stein.)

Der Bauch war heute tagsüber völlig schweigsam, also so, wie sich ein Bauch irgendwie anfühlen sollte. Dass ich morgens beim Aufwachen noch immer die schmerzende Stelle fühle, sei kein Grund zur Besorgnis, versicherte mir mein Hausarzt heute auf Nachfrage. Eine oder zwei Wochen lang sei das noch absolut im Rahmen, der Darm müsse abheilen und sich einkriegen. Das beruhigt mich ungemein, denn der kleine Hypochonder in mir war sich heute mittag zwischenzeitlich fast sicher, einen Gallenstein und / oder eine Leberzirrhose zu haben. Was man halt so hat, mit 43. Gucke ich in meinen Browserverlauf, stehen da Dinge wie „Wie schnell wächst ein Gallenstein“ oder „Wie fühlt sich kranke Leber an“. Memo an mich (und an alle, die das brauchen können): Lass es. Dr. Google ist ein schlechter Ratgeber. Und trotzdem konsultiere ich ihn hin und wieder und bin nach dem echten Doc-Besuch meist erleichtert, dass ich doch nicht unmittelbar sterbe. Also auch in Sachen Bauchgefühl: Trust the (Heilungs-)process. Und jetzt muss ich schnell wieder unter meinen Stein. Wenigstens noch bis morgen.

Die Kurznachrichten des Tages:

Gegessen: Frühstück ist ausgefallen, glaube ich. (MEIN HIRN! Der Stein ist vielleicht doch ein bisschen zu schwer…) Mittags gab es Zucchinireispfanne mit Feta, heute Abend dann das Frühstücksprogramm: Hüttenkäse mit Blaubeeren, Nussmus, Haferflocken und Honig.

Gelesen: Arbeit meiner Kollegen, also der paar, die noch arbeitsfähig sind.

Gesportelt: Ich möchte nicht darüber sprechen. Fühle mich wieder wie Toastbrot.

Gefreut über: Dass das Kind attributiv und adverbial auseinanderhalten kann, we’re getting there. Wenn wir mit Deutsch durch sind, lernen wir BNT (wie Bio nur besser, sagt das Kind). Und Englisch-Vokabeln. Es hört einfach nie auf.

29/11/23 – Tag 43 – Von laaaangem Warten und Lehrplänen aus der Hölle

Ich

So, Hefte raus, wir schreiben einen Test: Wer von Euch weiß, was ein attributives Adjektiv ist? Schmitz? Nein? Setzen. Ein prädikatives? Niemand? Ein adverbiales? Was ist der Numerus, Genus, Kasus des Nomens im Satz „Das Laub der drei Eichen lag dürr am Boden? LEUTE! Das ist Grammatikgrundwissen, Klasse fünf! Wie hieß es in der Aufgabe des Tochterkinds: „Vor lauter Schreck verschluckt Antonia ein Bonbon“ – Ich weiß nicht, wer diese Antiona ist, aber I feel you girl.

Nix gegen höhere Bildung. Wer die höchste Schule im System besucht, muss sich mit komplexen Aufgaben auseinandersetzen können und wollen. Aber wie an der Lebenswirklichkeit vorbei ist es bitte, wenn man von Elfjährigen erwartet, dass sie lateinische Fachbegriffe für grammatikalische Sachverhalte gerne lernen wollen? Und ist dieses „gerne lernen wollen“, das als wunderbarer Motor funktionieren könnte, nicht im Grunde in den Kindern verankert? Und wir machen es von Anfang an kaputt, indem wir den jungen Menschen Dinge vorsetzen, die sie mit Mühe auswendiglernen aber in der Kürze der vorgesehenen Zeit nur halb verstehen und dann sehr schnell und sehr gerne wieder vergessen?

Es ist weder für das Kind, noch für den, der mit ihm lernt, schön, die Frustration zu spüren, die sich von der ersten Stunde an ohne Not breit macht. Ich fühle mich am Ende der Hausaufgaben wie ein fucking Latein-Wörterbuch. Nichts gegen die Lehrer, die sicher nach Kräften versuchen, die Vorgaben umzusetzen. Aber möglicherweise wäre es hilfreich, in der Lebenswirklichkeit der Kinder anzusetzen und in der kommt die rein theoretische Kenntnis vom Unterschied zwischen prädikativen, adverbialen und attributiven Adjektiven schlicht nicht vor.

Ich mache beruflich was mit Sprache und habe aus Interesse heute zwei Kolleginnen gefragt, ob sie erklären könnten, welche Adjektivform was bedeutet. Ihnen ging’s wie mir – sie wussten’s nicht. Auch ich musste erstmal googeln. Was zeigt uns das? Wir haben alle drei Abitur und arbeiten im selben Berufsfeld. Unser Deutsch ist grammatikalisch sicher sehr passabel und auch ansonsten gehen wir ganz solide durchs Leben. Aber niemalsnicht kamen wir jemals im Alltag in die Situation, in der uns nur noch das Wissen um ein prädikatives Adjektiv geholfen hätte.

Stattdessen brauchen wir einen Steuerberater wenn das Finanzamt; und IT-Fachleute, wenn der Laptoplüfter pfeift. Wir müssen unsere Miet- und Arbeitsverträge von einem Rechtsbeistand angucken lassen und haben keinen Plan, wo die Zündkerzen am Auto sind. Aber wir haben Abitur. Ein Hoch auf unsere Bildung.

Und sonst so: Ich wollte mir heute ganz tapfer einen Termin für eine Darmspiegelung machen (kann ich auch nicht selbst! NIX kann ich!) und wunderte mich bei der Terminauswahl ganz kurz, ob ich mehrere Monate im Koma gelegen habe und warum mir das niemand gesagt hat. „Der nächste Termin ist im August“, sagte die Dame. „Oh, ich weiß nicht, ob ich so kurzfristig kann“, erwiderte ich. Humor ist offenbar nicht nur bei TÜV-Prüfern eher keine Kernkompetenz. Wie ich also mal dachte, das, ähem… Filmteam rücke noch dieses Jahr an – ich hatte ja keine Ahnung. Und das trotz Abitur.

Die Kurznachrichten des Tages:

Gegessen: Hüttenkäse mit Apfel, Gemüsemaultaschen überbacken und das obligatorische Käsebrot.

Gelesen: Den Rest von George Orwell’s Farm der Tiere. Beeindruckende Fabel, hat mich nachdenklich gemacht.

Gesportelt: I wish…

Gefreut über: Dass zwischen dem ganzen Frust über „wozu brauch ich das“ auch noch ein bisschen Motivation geblieben ist.

28/11/23 – Tag 42 – Von the same procedure und ganz neuen Jobmöglichkeiten

Ich

Ich gebe zu, die Überschrift verspricht ein bisschen mehr als ich halten kann. Ich habe keine ernsthaften neuen Jobwechselpläne (als die, die ich in schöner Regelmäßigkeit habe, nämlich, alles hinzuschmeißen und auszuwandern, aber ich bin bisher immer dageblieben). Allerdings tun sich mir, die ich ja grade unendlich viel Zeit habe, das Netz zu durchforsten, ganz neue Ideen auf. Gestern wurde mir die „Akademie für Waldbaden und Gesundheit“ vorgeschlagen, bei der ich mich zur Kursleiterin für Waldbaden ausbilden lassen könnte. Ein bisschen musste ich ans Jodeldiplom denken, da hätte ich dann was eigenes…

Einen Tag vorher stolperte ich über die „Zentralstelle für Ausbildung im Detektivgewerbe“ – klingt ein bisschen nach DDR-Geheimdienst, gibt’s aber wirklich. Vielleicht mach ich einfach beides und treibe mich später im Trenchcoat im hiesigen Forst herum. Aber vermutlich hab ich dann ruckzuck neue Probleme. Kann ich auch die alten behalten. Hab ich auch – habe mich heute dazu entschlossen, beim alten, neuen Arbeitgeber zu bleiben. Die Ermittlerei muss auf die Rente warten.

Und sonst so: Das Kind und ich sind immer noch positiv, dieser zweite Strich hält sich so hartnäckig wie Fliegendreck auf der Scheibe. Wir halten also tapfer weiter die Füße still und warten geduldig (haha) ab, wann sich was da was tut. Der Bauch immerhin hat heute 95 Prozent des Tages völlige Ruhe gegeben, ich hoffe, das setzt sich jetzt in die richtige Richtung fort. An der Schonung liegt’s jedenfalls nicht. Dass mir die Decke auf den Kopf fällt, ist vielleicht nicht unbedingt zuträglich, vielleicht spaziere ich morgen eine vorsichtige Runde um den Block. Oder ich geh Waldbaden. Unzertifiziert.

Die Kurznachrichten des Tages:

Gegessen: Müsli (gut gekaut), zwei Gemüsemaultaschen, einen Laugenknoten mit Käse und eine kleine Gurke.

Gelesen: Immer noch George Orwell.

Gesportelt: Neihein.

Gefreut über: Gesundheitliche Fortschrittchen und die gute Bionote des Kindes, die uns im Krankenlager erreicht hat.

27/11/23 -Tag 41 – Von langen Tagen und kurzen Geduldsfäden

Ich

Im Westen nichts Neues. Das Kind und ich fordern der Couch alles ab, was sie hergibt. Wir husten und rotzeln vor uns hin, die Tests sind nach wie vor positiv. Wir versuchen nach Kräften, uns an ihnen ein Beispiel zu nehmen.

Immerhin haben wir heute entdeckt, dass „Mit Schirm, Charme und Melone“ etwas ist, dessen Retrocharme und „Pow-Wow-Kampfszenen“ für Elfjährige nicht zu gruselig sind. Miss Peel hat einen kleinen Fan dazugewonnen.

Und immerhin haben wir heute entdeckt, dass offensichtlich doch die Firmenfeier am Donnerstag die Quelle allen Übels war – um die zehn Kollegen sind mittlerweile ausgefallen, alle mit sehr ähnlichen Symptomen. Egal, schon zu spät.

Und immerhin habe ich heute zwischen Mr. Steed und Ms. Peel noch etwas gefunden, was mir die Stunden verkürzt und die Schlappheit verdrängt: ich gucke „The Closer“ – eine herrlich zickige aber scharfsinnige Ermittlerin, die sich bei ihren männlichen Kollegen nicht immer Freunde macht. I feel you, girl.

Und immerhin … geht es uns nicht schlechter als gestern. Das allein scheint mir in diesen Tagen schon eine gute Sache. Wenngleich wir beide etwa mit derselben Geduldskompetenz an die Sache rangehn – nämlich keiner.

Die Kurznachrichten des Tages:

Gegessen: Hüttenkäse mit Banane und Honig, Orechiette mit Lachs, ein Laugenzöpfle mit Camembert.

Gelesen: Farm der Tiere

Gesportelt: krank, also nein

Gefreut über: Kekse, die uns ins Krankenlager geliefert wurden – Danke!

26/11/23 – Tag 40 – Von brummenden Köpfen und laufenden Nasen und dem Glück, ein warmes Zuhause zu haben

Ich

Wir hatten uns das Wochenende anders vorgestellt. Wie, weiß ich gar nicht, aber stundenlanges Herumliegen auf der Couch kam nirgends vor im Plan. Zu mehr war ich heute allerdings nicht fähig. Nachdem ich um halb vier im Kinderzimmer beim schnarchenden Nase-zu-Coronakind aufgewacht und in mein eigenes Bett gewackelt war, schlief ich nochmal bis halb acht. Eine Weile döste ich noch vor mich hin aber irgendwann fand ich keine Position mehr, die bequem gewesen wäre. Also gab’s erstmal Kaffee und Antibiotika. Der Husten, der mich gestern den halben Tag über geschüttelt hat, ist wie weggeblasen. Zumindest ist er nicht mehr so trocken. Dafür ist die Nase ein bisschen zu und der Kopf brummt. Auch das Kind klagt über einen dicken Schnupfen und Kopfweh. Unser Test heute Abend ließ keinen Zweifel offen: Die Corona-Striche waren noch vor den Teststrichen zu sehen, bei beiden. Also: Hausarrest für die Mädels im Haus. Immerhin hatte ich Lektüre: Von einer lieben Kollegin habe ich Orwell’s Farm der Tiere bekommen – irgendwie passt das total zur Laune grade.

Hätten wir keinen Streamingdienst, wäre ich heute Nachmittag übrigens ziemlich verzweifelt: Man hat sonntags die Wahl zwischen Wintersport, Hartz aber Herzlich oder Geschichten vom Führer (Hitlers Bauten, Hitlers Generäle, Hitlers Haustiere…). Ach ja, oder tschechischen Weihnachtsmärchen. Also … man hat keine echte Wahl. (Gestreamed hingegen: Das Tochterkind binged grade staffelweise „Scooby Doo“. Und ich „Mit Schirm, Charme und Melone“.) Aber ganz normales Fernsehen? Dann doch lieber Buchklassiker, die man schon lange mal gelesen haben wollte. Miss Peel geht jetzt zurück auf ihr Krankenlager. Bleibt gesund.

Die Kurznachrichten des Tages:

Gegessen: Der Hunger ist wieder da. Ein gutes Zeichen? Erst gab’s Hüttenkäse mit Banane, dann Karottengemüse mit Spätzle und Soße, dann eine Gemüsemaultasche als Nachmittagssnack, grade ein übriges Stück Pizza. Und zwei kleine Lebkuchen.

Gelesen: Orwells Farm der Tiere. Es ist beeindruckend.

Gesportelt: Haha. Nein. Vermiss es.

Gefreut über: Meine Couch, meinen warmen Ofen, meine Fernbedienung, mein Buch, meine Tasse Tee. Und dass der Bauch mehr und mehr Ruhe gibt.

25/11/23 – Tag 39 – Von sechs Strichen und ein paar Pinselstrichen

Ich

Manchmal spielt das Leben ein paar ein paar doofe Karten gleichzeitig. Seit gestern nehme ich Antibiotika und stelle fest (sehr erleichtert), dass die Bauchschmerzen nachlassen – das Stechen wird seltener und nimmt deutlich an Schärfe ab. Der Therapieansatz scheint also der Richtige zu sein. Vorhin fragte ich kurz Dr. Google, ob plötzlicher Reizhusten mit der Einnahme von Antibiotika einhergehen könnte. Denn seit heute morgen huste ich quasi in Dauerschleife, trocken, nervig. Ich habe nichts dergleichen gefunden. Um sicher zu gehen, dass es nicht auch noch Corona ist, testete ich vorhin. Der erste Strich erschien, der Rest blieb weiß. Nach einiger Zeit aber, kurz bevor ich ihn wegwerfen wollte, warf ich einen Blich drauf, und: Es war ein heller zweiter Strich zu sehen. Ich beschloss also, einen zweiten Test zu machen. Das symptomfreie Kind testete aus Solidarität mit. Und siehe da: Während ich noch meine Testkassette anstarrte, stieß die Kleine einen Schrei aus: Ihr Test war sofort deutlich positiv… Meiner nach wie vor erst nach 17 Minuten, aber im Gegensatz zu ihr, huste ich ja auch.

Damit ist jetzt erstmal so richtig Füße stillhalten angesagt. Vielleicht vertreibe ich mir die Zeit, je nach Wohlbefinden ja auch im Atelier. Dort waren wir heute mittag, nichtsahnend, die Mädels haben Kulissenbilder für ihr Theaterstück, ich habe mir ein Dekostück für meine Sportecke gemalt.

Und jetzt? Verkrümle ich mich auf die Couch und gucke die letzten Minuten Gottschalk, der offenbar in seiner letzten Show alle zotigen Altherrenwitze unterbringen will, die ihm noch einfallen. Und Matthias Schweinsteiger guckt zu.

Die Kurznachrichten des Tages:

Gegessen: Tatsächlich nicht so viel, der Appetit hat mir heute gefehlt. Wir haben Pizza gemacht, ich habe vier Stücke davon gegessen und grad noch eine Handvoll Nachos.

Gelesen: Internetdinge, nichts von Belang.

Gesportelt: Nein, aus guten Gründen.

Gefreut über: Das ist schwer heute. Aber die Mädels beim Malen zu erleben, war schon toll. Außerdem hatte das Gastkind seine Playlist laufen lassen, mit der ich durchaus gut klarkam. Offenbar habe ich den Musikgeschmack einer Elfjährigen. Oder halt doch Fieber.

24/11/23 – Tag 38 – Von doofen Terminen und doofen Menschen (und zum Glück ein paar Netten)

Ich

Gute Tage, schlechte Tage – der heutige zählt eher zur zweiten Kategorie. Da mich seit Wochen immer mal wieder ein Schmerz im Bauchraum begleitet, der sich verzieht, um zurückzukehren, machte ich mich heute morgen doch mal auf den Weg zum Doc. Zumal ich durch Zufall entdeckte, dass mein merkwürdiger Benommenheitsschwindel, der mich seit einiger Zeit verfolgt, ursächlich mit einer Darmentzündung zusammenhängen könnte. Der Doc tippt nun ebenfalls auf eine Entzündung und hat mir Antibiotika aufgeschrieben. Und mich zur Darmspiegelung geschickt – Dinge, die nun nicht grade vergnügungssteuerpflichtig klingen. Aber hilft wohl alles nichts.

Desweiteren habe ich mich heute endlich in anderer Sache dazu durchgerungen, für meine Belange einzustehen. Mit dem Ergebnis, dass ich von zwei Seiten erklärt bekommen habe, dass ich nichts zu fordern hätte. Argumentativ schlimmstes Mansplaining-Niveau und völlig am Anliegen vorbei, noch dazu unterm Deckmantel der Gerechtigkeit (als ob). Ich nehm das jetzt so hin und ziehe meine Schlüsse daraus. Manchmal muss man es so deutlich hören, um in Bewegung zu kommen.

Und sonst so: Zwei kleine Adventsausstellungen besucht und nette Gespräche bei Waffeln und Glühwein geführt, das Leben könnte schon unkompliziert sein, wenn’s ein paar zensiert weniger gäbe.

Jetzt wollen wir hoffen, dass der Bauch sich beruhigt, bis dahin halt ich mal die Füße still.

Die Kurznachrichten des Tages:

Gegessen: Frühstück ist ausgefallen wegen eines Nageltermins um 8, mittags gabs Nudel-Gemüse-Pfanne, abends das Camembert-Brot.

Gesportelt: nope, weil aua.

Gelesen: Dr. Google ist keine gute Lektüre, ich sag’s nur.

Gefreut über: die netten Gespräche heut mit so vielen Menschen.

23/11/23 – Tag 37 – Von seltsamen Outfits und dem Kontrollverlust

Ich

Was man nicht alles tun muss, wenn man sichtbar ist – manchmal geht’s mir wie dem Pumuckl. Am Mittwochabend erreichte mich die (augenzwinkernde) Anweisung meiner Kollegen, Dresscode für die Firmenweihnachtsfeier sei ein „Ugly Christmas Sweater“. Ich bin ja durchaus teamfähig, also beschloss ich, den Vormittag zu nutzen, meine Garderobe um ein solches Stück zu erweitern. Und was soll ich sagen – im Kaufhaus meines Vertrauens stand ich kurze Zeit später vor einer liebevoll dekorierten Weihnachtsecke, die gut bestückt war mit rot-grün-weißen Grauslichkeiten. Da mir mein von der Idee durchaus begeistertes Tochterkind schon vorab online gezeigt hatte, welchen Pulli sie von mir dann am Tag drauf gerne erben würde, wusste ich also zumindest ungefähr, wohin die Reise gehen soll. Just, als ich mit den ersten beiden Rentier-Exemplaren aus der Umkleide an den Ständer zurückkam und das Lebkuchenmann-Modell in meiner Größe holen wollte, standen dort zwei Damen, die sich köstlich über die Pullis amüsierten. „Wer sowas trägt, hat auch die Kontrolle über sein Leben verloren“, sagte die eine kichernd zur anderen, als ich an ihr vorbeiging und demonstrativ zwei Pullis zurückhängte und unter betretenen Blicken einen dritten von der Stange nahm. Pah.

Und so kam es, dass ich vor der Aufgabe stand, einen roten Pulli mit Lebkuchenmann-Motiv zu einem Outfit zu machen. Nachdem ich alles mögliche probiert hatte, entschied ich mich schließlich für die sichere Bank – Lederhose und Highheels dazu, Lebkuchenmann meets Louboutin. Und siehe da – ich war immerhin in guter Gesellschaft. Gemeinsam mit vier Kollegen waren wir das optische Highlight der Feier. Oder wie meine Kollegin sinngemäß sagte – wer nicht auffällt, war auch nicht da.

Weil ich erst kurz nach eins zu Hause war, verzögerte sich diese Sendung um ein paar Stunden. Man möge mir verzeihen. Aber wer Weihnachtspullis trägt, hat ja eh die Kontrolle verloren.

Die Kurznachrichten des Tages:

Gegessen: Hüttenkäse mit Blaubeeren, Gnocchi mit Tomatensoße, abends gabs allerhand Köstliches vom Buffet, darunter Asia-Nudeln.

Gelesen: Deutschhausaufgaben und ein paar Seiten „Melody“.

Gesportelt: 23 Minuten Bodyweight, 10 Minuten gerudert, 1km gelaufen.

Gefreut über: Den schönen Abend und die besten Kollegen, die man haben kann.