Ich
Ein Buch schreiben, acht Wochen nach Italien verreisen, endlich die ungelesenen Bücher lesen, die im Regal darauf warten, ein Fernstudium beginnen, als Gast Vorlesungen besuchen, jedes Zimmer im Haus entrümpeln oder – schlafen. Auf meine Frage, was ich mit elf Wochen Freizeit anstellen soll, kamen viele produktive Vorschläge. (Nur das mit dem Schlafen hat mich ein bisschen irritiert, ich meine, elf WOCHEN … wofür haltet ihr mich, einen Bären?) Vielleicht mache ich auch etwas ganz anderes und reiße damit die Weltherrschaft an mich, wer weiß das schon.
Im Grunde liegt Schreiben schon sehr weit oben auf der Wahrscheinlichkeitsskala, mein Leben besteht einfach zu einem Großteil genau daraus, denn ich habe die Weichen mal ganz bewusst so gestellt. Heute morgen durfte ich jemanden kennenlernen, der sich für einen ganz anderen Weg entschieden hat und freiwillig (!) Chemie studiert hat. Ich lauschte eine Weile staunend seinen Ausführungen und ließ mir erklären, warum er sich mit seinem naturwissenschaftlichen Background heute für den Klimaschutz einsetzen kann und der Gesellschaft etwas zurückgibt.
Mir ist dabei bewusst geworden, wie viele Lebensentwürfe es eigentlich gibt und wie fragil doch die Linie ist, für die man sich selbst entschieden hat. Einmal anders abgebogen und schon würde ich jetzt als studierte Japanologin alte Schriftstücke übersetzen. Oder so. Oder womöglich mit meinem südamerikanischen Mann Gitarrenunterricht geben. Oder auf Sylt in einem kleinen Laden dänisches Porzellan an Touris verkaufen. Es war haarscharf. Aber es kam dann eben so, wie’s kam: Ich bin Lokalredakteurin geworden und schreibe über studierte Chemiker. Aber vielleicht kann ich in meinen knapp elf Wochen Auszeit ja mal so tun, als wäre ich wo anders abgebogen und mal gucken, wie es hätte sein können. Auf Probe.
Wir
Heute hat das Tochterkind vom ersten Religionsunterricht an der neuen Schule erzählt. Ein paar Kinder sind evangelisch, ein paar katholisch. „Und drei sind ethisch“, sagte sie. Stirnrunzelnd. (Warum gibt es für Mathe eigentlich kein Ausweichfach? Fragen, die sich auch nie jemand stellt… )
Job
Die Arbeit ist das kleinste Problem am Ganzen. Fürs Drumherum ist es schwer, Worte zu finden. Also lass ich’s. Work-Life-Balance und so.
Die Kurznachrichten des Tages:
Gegessen: Eine Banane zum Frühstück, Nudeln mit Tomatensoße (reichlich), ein Pain au Chocolat und ein Brötchen mit Käse, Ei und Alibi-Grünzeug drauf.
Gelaufen: Knapp 3km gegangen und auf dem Weg zu meinem Interview gefühlt nochmal zwei, weil es ein Missverständnis beim Treffpunkt gab.
Gelesen: Wieder nur eigene und fremde Texte und Sitzungsvorlagen.
Gefreut über: Die Tatsache, dass ich mit meinen Tagebüchern (eine persönliche, kleine Kolumne der Redakteure) offenbar den Nerv der Leute treffe und immer wieder Mails dazu bekomme und darauf angesprochen werde. Es ist mir wirklich eine Herzenssache geworden.
Geärgert über: Lassen wir’s. Vielleicht sollte ich wirklich in einem kleinen Laden auf Sylt dänisches Porzellan verkaufen.