Hier ist Glanz und Gloria eingezogen. Leider weniger spektakulär, als sich das anhört. Angefangen hat nämlich alles mit Dreck. Dreck, der offenbar am Samstagmorgen aus den Sohlen meiner Wanderschuhe gebröckelt ist, als ich sie im Flur zum Anziehen bereitstellen wollte. Und mit Dreck meine ich nicht ein paar Krümel, sondern einen veritablen Haufen Kalkstein. So viel, dass man in geologischen Fachzeitschriften vermutlich in Kürze in wissenschaftlichen Aufsätzen den unerklärlichen Masseverlust der Schwäbischen Alb zu erklären versucht. Spoiler: Er lag am Samstagmorgen auf meiner Schmutzfangmatte.
Seufzend machte ich mich also auf den Weg zum Staubsauger, beschloss aber, nicht das große, schwere Ungetüm die Stufen hinabzuschleppen, sondern mich des tragbaren Handstaubsaugers zu bedienen. Wir erinnern uns: Gesteinsbrocken, Handstaubsauger – das war schon die erste blöde Idee.
Als ich das grüne Helferlein allerdings in Händen hielt, erinnerte ich mich daran, dass man Mann sich neulich über die Nutzlosigkeit eines Handstaubsaugers beschwert hatte, „der ja überhaupt nicht zieht“. Nach eingehender Inspektion des Auffangbehälters meinte ich, den Grund ausfindig gemacht zu haben. Was dann geschah, war eine Verkettung unglücklicher Umstände. Ich drückte auf alle möglichen schwarzen Schalter, zog und ruckelte an Plastikteilen, bis mir schließlich die Klappe des Auffangbehälters entgegenkam und sich der Inhalt des Staubsaugers in den geöffneten Küchenmülleimer ergoss.
Mit großem Erstaunen blickte ich wenige Augenblicke später auf in wenig Staub und ungeheuer viel Goldglitzer ertränkten Siedlungsabfall. Der Goldglitzer. Kleiner Exkurs: Vor einigen Wochen stand ich mit der Teenie-Tochter in der Bastelabteilung eines Gartencenters und fand mich unfreiwillig in eine Diskussion um die Notwendigkeit des Kaufs einer Dose Goldglitzer vertieft. Oder eher – gefangen. Denn welches Argument ich auch anbrachte („das macht eine Riesensauerei, das haben wir nachher überall, wozu brauchst du denn so viel Goldglitzer…“) bemühte sich die Tochter mit glühenden Versprechen zu entkräften. Am Ende ließ ich mich erweichen. („Weil wenn ich diesen Glitzer nicht bekomme, wird es nie wieder einen Papst geben, wird Trump eine dritte Amtszeit haben, ist mein Leben sinnlos *insert random drama*“)
Und jetzt stand ich da und hatte den Glitzersalat. Unter wüsten Schimpftiraden stapfte ich an den Schrank, in dem der große Staubsauger steht, der mit Wegwerfbeutel, der, den man nicht umständlich leeren muss… „Du hast gesagt, ich soll staubsaugen, nicht wie genau“, argumentierte die Tochter. Inhaltlich musste ich ihr rechtgeben, was meine Laune jedoch nicht verbesserte. Den Rückweg zur Küche wies mir ein sanfter Goldschimmer auf dem Flurteppich, weil offenbar auch meine Socken nicht vom Flitterregen verschont geblieben waren. Ich saugte mich also zur Küche zurück, saugte den Küchenboden und hielt letztlich in nahezu kriegerischer Geste das Staubsaugerrohr in Richtung glitzerndem Plastikmüll, um auch den zu retten. Woraufhin sich die glitzergetränkte Folie einer Käseverpackung in die Luft erhob, sich mit schnarrendem Flattern am Staubsaugerrohrende festsog und derweil allen Glitzer abschüttelte. Ich saugte noch sehr lange.
Als ich meinte, dem güldenen Inferno so langsam Herr zu werden, begann ich, die übrigen abnehmbaren Teile des Handstaubsaugers abzubauen, diesmal über der Küchenspüle. Es ist erstaunlich, in wie viele Ritzen es die kleinen Glitzerpartikel geschafft hatten. Sämtliche Dichtungen, Filter und Schraubenlöcher schimmerten im Gegenlicht und die Partikel wollten auch nicht in Gänze weichen, als ich den kleinen Staubsauger mit dem Großen aussaugte. Die Spüle, die wohl noch feucht gewesen war, glitzerte, die Anrichte glitzerte, der Spülschwamm glitzerte. „Du hast Glitzer im Gesicht“, konstatierte die Tochter, die sich ein Glas Wasser holen wollte und mit selbigem entschwand, bevor ich erneut lospoltern konnte.
Und dann fiel mir ein, dass ich eigentlich losgezogen war, um dem Jura im Flur den Garaus zu machen. Seufzend baute ich den Handstaubsauger wieder zusammen und stapfte die Treppe hinab. Immerhin hatte ich schon mal ein Problem gelöst. Und just in dem Moment, als ich das Staubsaugerrohr im Flur gen Boden neigte, rieselte eine offenbar im Schlauch angesammelte und vergessene Menge an Goldglitzer heraus und verzauberte in einem einzigen Augenblick den Dreck auf der Schmutzfangmatte in glitzernden Dreck. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann glitzern (und staubsaugen) sie noch heute.