Ich
Habe ich gestern nicht noch davon geschwärmt, wie gut es tut, einfach morgens loszulaufen? Als ich heute morgen die Decke wegstrampelte, wusste ich, dass ich heute ein unbekanntes Stück Heimat erkunden möchte. Ich tüddelte das Kind aus den Federn und überlegte, wie viel Zeit ich wohl hätte, ich trank Kaffee und sichtete dabei komoot-Wandervorschläge. Ich mahnte zur Eile und packte in ebensolcher einen Rucksack zusammen, schlüpfte in die Wanderhose und komplimentierte das Tochterkind in Jeans und Pulli. Als ich sie kurz nach acht am Elterntaxistellplatz (ja, sowas gibts) verabschiedete, stand mein Plan. Ich fuhr also gut 15 Minuten in einen kleinen Teilort einer Nachbargemeinde, in dem ich noch nie wirklich war, stellte den Alfa auf einen Wanderparkplatz, der überraschenderweise mitten im Ort war, und lief los.
Zwei Erkenntnisse trafen mich relativ schnell: 1. Das mit der Höhenmeterangabe war kein Witz und wer joggen kann, schnauft beim Wandern trotzdem. Und 2. – Es ist Winter geworden und empfindlich kalt, morgens um halb neun, auf freiem Feld.
Aber wie immer – nach den ersten beiden Kilometern war ich angekommen im Trott, konnte abschalten und das Alleinsein genießen. Ich erklomm einen Zeugenberg und wanderte wieder talwärts, vorbei an buntem Laub und müden Schafen.
Als ich nach etwa 7 Kilometern zurück ans Auto kam, war der Kopf frei, die Abenteuerlust wieder ein bisschen befriedigt und die Wangen rot vor Wind und Kälte. Was will man mehr. Außerdem habe ich heute das letzte Jahresziel erfüllt: 600 Wanderkilometer sind vollbracht, more to come.
Mein nächstes Highlight war nicht nur, dass ich nicht kochen musste, sondern mit der weltbesten Kollegin beim Essen war. Es ist schon lange nicht mehr nur ein „Job“, vor allem, weil ich Goldmenschen wie sie um mich habe.
All das schätzen zu können, braucht den geschärften Blick auf die Dinge, der in der Alltagshektik offenbar betriebsmüde wird. Je länger ich daheim bin, raus aus dem Hamsterrad, desto klarer wird das Bewusstsein für die kleinen Freuden, die im Alltag zur Selbstverständlichkeit schrumpfen.
Allein diese Erkenntnis ist ein ziemliches Geschenk dieser Auszeit. Wie rette ich das in die Zukunft?
Die Kurznachrichten des Tages:
Gegessen: Frühstück ist ausgefallen, unterwegs gabs einen Proteinriegel. Danach Spaghetti Puttanesca, abends ein Laugenbrötchen mit Lachs.
Gelesen: Zeitungsartikel. Vertretungspläne. Morgen fällt nämlich – tadaaa – wieder die erste Stunde aus. Wir haben glaub schon ne komplette Woche verbaselt an Stunden.
Gesportelt: knapp 7km wandern sind nicht nix.
Gefreut über: Die Mittagessensbegleitung, die Natur, die Fähigkeit, allein aber gar nicht einsam sein zu können, die pure Tatsache, dass mein Körper mich auf Berge hinauf- und wieder hinunterträgt, das gute Gefühl, vorm Kleidercontainer zu stehn und Überfluss loszuwerden (und überhaupt – im Überfluss leben zu dürfen) … das Leben ist gut.