26/10/23 – Tag 9 – Von Spontaneität, Ritualen und dem Festhalten an Gewohntem

Ich

Wird man als spontaner Mensch geboren oder lernt man das irgendwann? Ich erinnere mich dunkel, dass ich als Kind eine gewisse Sicherheit in Dingen gefühlt habe, die sich wiederholen. In ganz banalen Dingen wie dem täglichen Mittagessen mit beiden Elternteilen am Tisch oder auch den Heiligabend bei meiner Oma. Hätte mich eine plötzliche Veränderung dieser Riten erstmal aus dem Takt gebracht? Vielleicht schon. Vielleicht auch nicht?

Sehr deutlich spüre ich diesen Wesenzug am Tochterkind. Hat sie sich auf etwas eingestellt, das dann anders kommt, tut sie sich kurz schwer damit. (Es sei denn Mathe fällt überraschend aus, das geht.) Ich erinnere mich an den Sommer, als kurz zur Debatte stand, ob wir mit meinem Auto in den Urlaub fahren, weil das andere in die Werkstatt muss. Das Kind guckte uns an, als hätten wir beschlossen, statt an den Starnberger See in den Kongo zu fahren. In eine Jurte, acht Wochen. „Aber wenn wir in den Urlaub fahren, fährt IMMER Papa“, jammerte sie. „Sonst ist es kein richtiger Urlaub.“ Heißt wohl: Wenn Mama am Steuer sitzt, ist die Erholung der Beifahrer offenbar von vornherein zum Scheitern verurteilt…

Als wir ihr neulich erzählten, dass wir Silvester dieses Jahr nicht zu Hause sein werden, sondern in einem tollen, kleinen Hotel, setzte sie wieder diesen entsetzten Blick auf. „Wir essen dann kein Raclette??“, fragte sie fassungslos. Kein Raclette, kein eigenes Feuerwerk, kein Exitspielen mit Freunden? Stattdessen Wellness, Abgeschiedenheit und leckeres Essen, für das niemand von uns Zeit in der Küche verbringen muss. ICH hatte mich mit dieser Variante sehr schnell anfreunden können, das Kind hatte anfangs etwas Mühe. Sie hatte dann aber gehört, dass es dort einen Pool gibt und das ist schließlich durchaus ein Pfund in der Waagschale. Wer weiß, vielleicht jammert sie nächstes Jahr „Kein Pool, kein Sechs-Gänge-Menü, kein Hotelfrühstück? Das ist gar kein richtiges Silvester…“

Ich werde genau aufpassen, ob dieses Festhalten am Gewohnten irgendwann einmal nachlässt, ob sie schneller bereit ist, sich auf Neues einzulassen. Und bis dahin halten wir einfach an dem fest, was wir lieben. Wenn’s dabei um Raclette geht, bin ich jederzeit dabei.

Die Kurznachrichten des Tages

Gegessen: Eine Banane, ein Eiweißbrot mit Hüttenkäse, Quäse und Honig (nicht gruseln, das war tatsächlich lecker), Zucchini-Reispfanne, ein Käsebrötchen und nochmal Hüttenkäse mit Kokoscrunch. Und dazwischen zwei Wäffelchen mit Schokolade.

Gelesen: Mathehausaufgaben. Hand aufs Herz, wie nennt man eine Zahl mit sechzehn Nullen? Ich musste auch googeln: Billiarde. Ein bisschen ist das Lernen am Leben vorbei, aber was weiß ich schon.

Gesportelt: Drei Kilometer auf dem Laufband zum Aufwärmen, zehn Minuten workout auf der Matte, zehn Minuten Rudern, nochmal einen Kilometer aufm Laufband zum Runterkommen.

Gefreut über: Nette Apfelsaftkunden, die Tatsache, dass Liegestütze schon bis zur Hälfte gehen. Irgendwann komm ich ganz runter. (Also runter ist nicht das Problem, schon klar.) Und ganz banal: Dass ich heute morgen in der Stadt noch spontan ein sehr süßes Geschenk fürs Tochterkind gefunden habe.

Geärgert über: Den ewigen Stundenausfall in der Schule. Wir hatten in dieser Woche genau einen Tag, an dem alles nach Plan lief. Ich sag ja, das mit dem G8 ist einfach nur Makulatur. Aber vielleicht gewöhnt man sich da ja auch dran.

LaSignorina