Ferien auf Sagrotan oder: Wie wir mit der Corona-Angst (nicht) umgehen

Ihr Lieben, ich gebe zu, ich habe noch nie leere Supermarktregale gesehen. Schulterzuckende Verkäuferinnen, die nicht wissen, wann es wieder Mehl gibt, kenne ich allenfalls aus Filmen über die DDR oder aus kommunistischen Systemen. Dass ich mal vor ausgeräumten Regalen stehe, an denen lediglich das Schildchen noch daran erinnert, dass die Dosenravioli 2,99 Euro gekostet hätten, wären noch welche da – bisher eine absurde Vorstellung. Und nicht nur, dass uns jetzt die Vorsichtsmaßnahme in die häuslichen Schranken verweist, ich höre und sehe auch von Familie, Kollegen und Freunden, dass die Hamsterkäufer real sind. Dass es Menschen gibt, die wohl mittlerweile auf Nudelbergen und Fischkonservendosen hocken und sich locker ein paar Wochen von Dosenfutter ernähren werden müssen.

Sei kein Eichhörnchen!

Und nicht nur Lebensmittel, auch Desinfektionsmittel sind nicht mehr zu bekommen. Nirgendwo heißt es, desinfizieren Sie sich von oben bis unten, bevor Sie das Haus verlassen. Es heißt, waschen Sie öfter als sonst die Hände. Da ist Seife gemeint, nicht Sagrotan. Ich habe von Mütterwhatsappgruppen gehört, die sich über die desinfizierende Wirkung von Domestos austauschen. Wäre ich Teil dieser Gruppe (ich weiß, warum ich mich seit jeher davon fernhalte) käme ich nicht umhin, den Tipp zu geben, mit Domestos zu gurgeln, der umfassenderen Problemlösung halber.

Und so komme ich zu dem Schluss, dass mir der Virus an sich zwar gewissen Respekt abringt und ich dem Rechnung trage, in dem ich mich von Menschenansammlungen fernhalte und eben die Hände wasche, wenn ich von draußen komme. Wirklich Sorge bereitet mir aber das kopflose, panische Verhalten dieser Gesellschaft, die es nicht gewohnt ist, mit einer kollektiven Krise umzugehen. Die ichbezogen alles aufkauft, was länger als zwei Wochen haltbar ist und damit sogar diejenigen zu Hamsterkäufen nötigt, die eigentlich gar nicht wollten. Aber wer will schon der Letzte sein, den diese künstliche Knappheit dann wirklich trifft?

Der Mensch scheint ein Herdentier zu sein, das Schutz darin sucht, möglichst all das zu tun, was alle anderen tun. Denken kommt offenbar nach Handeln. Dass dieses kollektive Gefühl der undefinierbaren Angst aber lähmt und unfähig macht, das Richtige, das Vernünftige zu tun, muss jedem bewusst sein, der vor leeren Mehlregalen steht. Der Mundschutz, mit dem sich offenbar jeder reichlich eingedeckt hat, ist denkbar ungeeignet, eine Ansteckung zu verhindern. Und trotzdem wird er gekauft. Sterilium ist bei Ebay zu horrenden Preisen zu bekommen. Baby-Milchpulver ist einfach weggekauft. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie die sich fühlen, die aus finanziellen Gründen nicht Unmengen auf einmal kaufen können und mit der Angst leben müssen, zum nächsten Ersten auch nichts mehr zu kriegen.

Was also tun?

Wie gehen wir mit der Situation um? Wir atmen durch (symptomfrei, übrigens) und machen das Beste draus. Wir haben zu essen, wir haben ein warmes Zuhause und stabiles WLan. Wir waren einfach zur falschen Zeit am falschen Ort, fühlen uns aber immer noch wohl und sind einfach nur vorsichtig, aber weit weg von verrückt. Ganz im Gegenteil: Wir begreifen diese Krise als Chance zu verstehen, dass wir uns aufeinander verlassen können. Ich verstehe, dass Corona vielen von Euch Angst macht. Aber Angst ist ein schlechter Ratgeber. Sie beraubt uns unserer Fähigkeit, rational zu handeln, sie setzt im Körper Botenstoffe frei, die uns zur Flucht (und wohl zu Hamsterkäufen) treibt und nährt sich nur noch selbst damit. Denn in den Medien ist der „neuartige“ Virus zu jeder vollen Stunde unter den Top3 der Nachrichtenmeldungen, im Fernsehen sieht man nur noch Atemschutzmasken oder Laborröhrchen oder Ärzte. Man kommt um Corona nicht herum, und wenn man sich den Virus nicht persönlich einfängt, so treffen einen die Nebenwirkungen mit voller Härte.

Also, wie wäre es, wenn wir jetzt einfach alle wieder ein bisschen von unserer individuellen Palme runterkämen? Niemand wird verhungern, niemand wird aus den Augen bluten, niemand wird im Dunkeln leuchten. Wenn alle ihren Menschenverstand benutzen, lässt sich auch diese Krise meistern. Wenn mich also jemand fragt, wie wir mit der Angst umgehen – gar nicht. Denn die Angst muss leider draußen bleiben. Als würden wir uns von einem Umstand beeindrucken lassen, den wir ohnehin nicht ändern können, bitte! Also bleibt vernünftig und bleibt gesund!

PS: Sollte ich nicht Recht behalten und wir werden doch alle im Dunkeln leuchten, dann haben wir wenigstens Schokoladenkekse als Henkersmahlzeit.

LaSignorina

3 Kommentare

  1. Gestern wollte ich Sojaflocken kaufen. Zum Glück ein Produkt, bei dem die Hamsterkäufer sagen: Vegan? Nein danke! Lieber Dosenbolognese. Aber: Eine Frau wollte sieben ihrer Lieblingsdeos kaufen. SIEBEN! Verkäuferin: Sorry, andere Hamsterkäufer waren schneller. Frau: Ach, das ist ja echt unverschämt! Wissen Sie, da kann man einfach nicht anders und muss mitziehen. Hm! Verrückte Welt, aber ist das eine neue Erkenntnis? Ich fürchte nicht. Es erschreckt aber, wie deutlich das in den letzten Tagen geworden ist.

    • Ja, Biomehl gab es auch noch und Vollkornnudeln. Lieber sterben als gesund essen. Sieben Deos! SIEBEN! Weil man beim Schieben des vollen Einkaufswagens Schweißausbrüche kriegt? Ich mache mir um vieles Gedanken, aber meinen Deovorrat hatte ich noch nicht auf dem Schirm. Danke für den Tipp *gehtDeokaufn *achnedarfjanicht

  2. Da ich aktuell zwei Fastenprogramme durchziehe, Körper mittels Suppenfasten und Geist mittels 7Wochenohne Pessimismus und Angst, fühle ich mich gut gewappnet für die Krise. Zum einen weiß ich, durch die wenige Nahrung, die ich zu mir nehme, mit wie wenig man im Ernstfall auskommen kann und zum anderen treibt einen das Verlassen der Komfortzone zum Umdenken an.
    Der Körper kann verdammt vieles, wenn wir ihn nur lassen, somit bestimmt auch mit einem neuartigen Virus umgehen.
    Aber auch die Erkenntnis, ob Mensch alle Rechte hat, wie das Schlachten und Ausbluten lassen eines Tieres über seiner Mahlzeit, nur weil das nun eben mal Kultur ist. Es drängt sich einem schon die Frage auf, ob die Natur nicht einfach ab und an Warnungen aussendet…Stürme oder eben Corona
    Wir werden in Deutschland sicher beides überleben, aber vielleicht bringt es den einen oder anderen zum Nachdenken ob das Nötige wirklich auch notwendig ist .

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