Ich
Ich weiß nicht mal, ob ich’s mal erzählt hatte: Vor Wochen fischte ich den töchterlichen Impfpass aus meiner kleinen Ablagbox in der Küche. Dabei fiel mir auf, dass ihr Reisepass, der dort sein sollte, eben nicht dort ist. Erst stöberte ich mich durch die Box. Dann gründlicher ein zweites Mal. Dann durch den Rest der Ablage. Der Reisepass war nicht auffindbar. In Gedanken gingen wir alle Gelegenheiten durch, bei denen wir den Pass wohl dabei gehabt hatten. Aber außer unserem Italienurlaub im Sommer letztes Jahr wollte uns nichts einfallen. Sicherheitshalber guckten wir in allen Taschen und Koffern nach. Letztlich auch in Jackentaschen und Handtaschen, in Turnbeuteln, Schubladen und Schränken. Aber der Pass war verschwunden. Irgendwann gab ich die Suche auf. Würden wir wieder mal ins Ausland fahren, müssten wir notgedrungen einen neuen Pass beantragen. Bis dahin gab ich die Hoffnung auf ein Wunder nicht auf.
Fast forward: Das Tochterkind wurde beim Adventskalendern in der Schule mit einem Karabinerhaken bedacht. Weil einer natürlich nicht reicht, fragte sie mich, ob wir ein paar weitere Haken kaufen könnten. Ich sagte „schau mal in meinem Wanderrucksack, da sind welche drin“. Ich hörte es in der Küche rascheln. „Da ist ein Regencape drin. Und Pflaster. Und ein Müsliriegel. Nein, zwei Müsliriegel. Und Blasenpflaster. Und Schuhbendel, wozu braucht man unterwegs Schuhbendel (äh, wenn der grade getragene reißt?). Oh, und noch mehr Müsliriegel. Und ein Sitzkissen….“ Ich sah den Berg an Dingen vor meinem inneren Auge wachsen. „Da müssen auch irgendwo Karabiner sein“, rief ich in Richtung Küche. „Du hast Gabel, Löffel und Messer und ein Taschenmesser im Rucksack… und eine Powerbank… und drei Kulis… und noch eine Powerbank mit Ladekabel… und noch ein Müsliriegel…“… „du räumst das aber schon wieder auf?“, wollte ich grade fragen, als das Kind rief: „Wozu bitte schleppst du meinen Kinderreisepass mit dir rum?“
Ich wäre um ein Haar von der Couch gekullert. Diesen Rucksack habe ich ungefähr dreimal durchsucht, aber ich hatte den Pass übersehen. Dabei bin ich zwischenzeitlich etliche Male mit ihm umhergewandert, unwissend. (Daher der Name REISEpass…) Nun, er ist wieder da. Wunder gibt’s eben wirklich immer wieder. (Erzähler: „Die Welt geht unter, aber wir haben Pflaster und Müsliriegel“.)
Sonst so? Weil die Lauferei gestern so Spaß gemacht hat, habe ich heute die fast identische Runde wiederholt. Ich habe ganz vergessen, wie gut mir das tut. Allerdings zwickt seit dem Lauf mein Bauch wieder ein bisschen. Ob ich den beim nächsten Mal einfach daheim lasse, die Diva?
Stichwort Diva: Heute Nachmittag habe ich angefangen, das Kinderzimmer aufzuräumen – in Abwesenheit des Kindes, aus Gründen. Nach der dritten Schachtel voller Gedöns war ich mir sicher, demnächst Teile des Bernsteinzimmers in Händen zu halten. Wie kann ein kleiner Mensch so viel Dinge anhäufen?
Jener kleine Mensch übrigens ärgert sich derweil grün und blau über die Deutscharbeit, weil er Punkte verschenkt hat. (Wer Aufgaben aufmerksam liest und konzentriert ist, ist einfach im Vorteil. Trotzdem kann ich den Frust so gut mitfühlen, weil ich ja weiß, dass sie gelernt hatte. Die andere Arbeit, die heute zurückkam, war wesentlich besser, das war ein Trost.) Das Gute daran: Sie sitzt jetzt freiwillig an Mathearbeitsblättern, um die Schmach wieder gutzumachen. „Ich weiß, dass ich das kann“, sagt sie. Mein kleines Löwenherz.
Die Kurznachrichten des Tages:
Gegessen: Joghurt, Cornflakes, Banane, heute mittag überbackene Pasta mit Gemüse, heute Abend Thunfischsalat (Thunfisch in Olivenöl, Essiggürkchen, Salatgurke, Sauerrahm, Essig, Salz und Pfeffer).
Gelesen: Matheaufgaben und Deutschaufgaben und … ach.
Gesportelt: 4 km gejoggt.
Gefreut über: Den Ehrgeiz des Kindes, die Fähigkeit, nach Frust auch wieder anzupacken. Das sind Eigenschaften, die ihr im Leben weiterhelfen.