Ich
Nachdem ich gestern den ganzen Nachmittag mit dem frustrierten Tochterkind Englisch geübt habe (warum ist they’re nicht dasselbe wie their und was ist denn there?), war ich heute morgen froh über eine Auszeit an der frischen Luft. Ich spazierte zügig und ganz allein in Richtung Morgenrot und hatte etwas Mühe, mein Gedankenkarussell zu bremsen. Schafft sie das, üben wir genug, üben wir richtig, wie könnte ich sie besser unterstützen, ist sie am richtigen Platz, wie kann ich dem Frust vorbeugen, und so weiter. Und immer wenn ich dachte, ausgegrübelt zu haben, grübelte mein Hirn von vorne los.
Nach guten fünf Kilometern beschloss ich, dass Hirn und Muskelkater am besten mit Wasser beizukommen wäre und packte meine Schwimmtasche. Doch auch im Wasser beschäftigte mich das Thema Schule, zumal Mädchen einer höheren Klassenstufe neben mir ihre Bahnen zogen. Immer, wenn ich zwischen zwei Zügen den Kopf aus dem Wasser hob, hörte ich Fragmente dessen, was die Sportlehrerin ihren Schülerinnen zurief. „Dranbleiben, schneller, mach nicht schlapp“, hörte ich. Ich war ausgesprochen dankbar, auf dieser Seite der Schwimmbande zu schwimmen und nicht auf der anderen. Denn Sport- und vor allem Schwimmunterricht war für mich früher angst- und schambesetzt und ein rotes Tuch. Ich habe nicht einmal das Seepferdchen. Um so mehr genoss ich es heute morgen, freiwillig und motiviert durchs Wasser zu gleiten. Manchmal muss man sich selbst Zeit lassen, Dinge für sich zu entdecken, mit denen man einst auf Kriegsfuß stand.
Wieder daheim angekommen, dachte über sportliche Leistungen, über Messbarkeit, über Vergleichbarkeit nach. Im Prinzip bewertet eine Schule eben genau das, was zum Stichpunkt, nämlich dem Klassenarbeitstermin, vom Auswendiggelernten abrufbar ist. Ob der Stoff verstanden wurde, ob er eine Relevanz für den Schüler hat, spielt im Schulsystem überhaupt keine Rolle. Also nehmen wir eine versemmelte Arbeit als eben genau das, was sie ausdrückt: Eine Momentaufnahme, die an einem ungünstigen Moment gemacht wurde.
Beim Herumlesen im Internet kam ich bei den Anforderungen fürs Deutsche Sportabzeichen vorbei. Und gleichsam entdeckte ich, das selbiges als Grundvoraussetzung für die Einstellung bei der Polizei gilt. Doch nicht allein wegen des Sporttests fallen wohl viele Anwärter durch, sondern wegen des Wissenstests. Auch diesen kann man im Internet machen. Und mir war nach den ersten zehn Fragen (von 42 oder so) auch klar, weswegen. Mit Rechtschreibung und Allgemeinwissen konnte ich durchaus punkten, auch Konzentrationsaufgaben, Prozent- und Volumenrechnungen gelangen mir noch. Was mich aber völlig zur Verzweiflung brachte: Logikaufgaben. Die Frage: Wie setzt sich das Muster fort. Zu sehen: Völlig random angeordnete, schwarze und weiße Schnipsel, deren veränderte Sortierung von Kachel zu Kachel für mich absolut keinen Sinn ergab. Bei keiner einzigen dieser Aufgaben hätte ich auch nur ansatzweise erklären können, welcher Lösungsvorschlag der Richtige ist. Warum nicht? Ich weiß es nicht. Es war für mich ein Buch mit sieben Siegeln.
Heißt das, dass ich doof bin? Nein, denn nobody is perfect. Und eine solche Schwäche ändert nichts daran, dass jemand im Grunde ein ganz patenter Mensch ist. Die einen sind in Logik mies, die anderen in Englisch. Und genau das versuche ich dem Tochterkind auch zu vermitteln. Wir haben heute noch einmal drei Stunden gelernt, mehr können wir beide nicht tun. Und dann reicht das für mich auch.
Die Kurznachrichten des Tages:
Gegessen: Hüttenkäse, Blaubeeren, Müsli, eine Nudelpfanne mit Lauch, Karotten und Zucchini, heute Abend einen großen Teller Gemüseallerlei mit Soße. Und jetzt noch zwei Maoams.
Gelesen: This is my dog. My dog is bigger than your cat. Our family lives in London. Where do you come from? („Mama, warum heißt Where wo, aber WHO wer?“ Zum Glück hat uns „Who let the dogs out“ als Eselsbrücke geholfen.)
Gesportelt: 5km zügig spaziert, 1,25km Bahnen geschwommen.
Gefreut über: Dass offenbar der Groschen ein bisschen gefallen ist, sie hat heute wirklich spürbar mehr Freude an der Sache entwickelt und sich den Stoff tapfer erarbeitet.